HIER-IST-DER-GARTEN! aus Brachflächen werden Gärten    
 
Die Stadt Cottbus ist eine „schrumpfende“ Stadt. Rings um den relativ intakten Altstadtkern gibt es eine Vielzahl von Flächen, die seit Jahren nicht mehr in Nutzung sind. Der Zustand dieser Brachflächen wird in der lokalen Presse immer wieder beklagt.
Im Wintersemester 2007 begann am Lehrstuhl für Landschaftsplanung der Brandenburgisch Technischen Universität (BTU) Cottbus ein Lehrprojekt mit dem Ziel, auf zehn derzeit ungenutzten Grundstücken im innerstädtischen Bereich zehn Gärten anzulegen. Die Gestaltungskonzepte wurden unter der Leitung von Dipl. Ing. Christiane Schwarz gemeinsam mit Studierenden der Architektur und der Stadt- und Regionalplanung entwickelt.
Das Projekt beruhte auf zwei grundlegenden Ansatzpunkten. Zum einen wurden
landschaftsarchitektonische Konzepte entwickelt, die sich mit geringen Mitteln und einem geringen Aufwand umsetzen ließen. Diese Konzepte sind beispielhaft für Freiräume, für deren Anlage und Pflege nur wenige Mittel zur Verfügung stehen.  Zum anderen war das Projekt von Beginn an als ein Gemeinschaftsprojekt geplant, das nur durch die Mitwirkung und Unterstützung möglichst vieler Akteure aus Verwaltung und Bürgerschaft realisiert werden konnte.
 
 

 

IDEE
Inspiration für das Projekt ist „Guerilla Gardening“, eine im Jahr 2000 in London entstandene Bewegung, die das Gärtnern nicht nur als Hobby, sondern auch als ein neues soziales und politisches Handlungsinstrument im urbanen Raum begreift. Dabei geht es um die Inbesitznahme eigentlich unnutzbarer oder ungenutzter städtischer Freiräume wie z.B. Verkehrsinseln oder Mittelstreifen mit gärtnerischen Mitteln. Die Eingriffe beschränken sich oft auf eine Vegetationsperiode, an Orten, die jährlich wechseln. Unter dem Projekttitel „Hier-ist-der-Garten!“ sind die auch neuen Gärten in Cottbus zunächst als Zwischennutzungskonzepte für einen Sommer gedacht. Finden sich Paten aus der Nachbarschaft, die sich weiter um den jeweiligen Garten kümmern wollen, können diese in Abstimmung mit den Eigentümern auch länger Bestand haben.

 

 
 

 

 

KONZEPTE
Aus unterschiedlichen Ausgangssituationen heraus entstanden unterschiedliche Konzepte. An fünf Orten ist ein ruderaler Vegetationsbestand vorhanden, der in die Konzepte integriert wurde. So wird ein wild gewachsenes Wäldchen auf alten Gleisanlagen unter dem Titel „Tiefenlichter“ durch das Kalken der Baumstämme und das Pflanzen von Schattenstauden in ein romantisches Waldstück verwandelt. In einer Baulücke werden Kreise aus rot blühenden oder rotlaubigen altbekannten Pflanzen wie Geranien und exotisch anmutenden wie Rizinus in die vorhandene Ruderalvegetation gesetzt. Die Idee zu „Rot“ so der Name des Projektes, entwickelte sich aus der Prägung des Ortes durch die vorhandenen Backsteinmauern der umliegenden Bebauung. Einen Kontrast zur „wilden“ Brachflächenvegetation schafft auch ein Garten auf einem brachliegenden Gewerbegelände. Ein Looping, eine Wegeschleife, führt durch die „Wildnis“ zum Garten. Bei allen Projekten soll die Integration der Ruderalvegetation dazu beitragen, die vermeintlich wertlose Wildnis, die oft als verwahrlost empfunden wird, so zu inszenieren, dass eine positive Wahrnehmung möglich wird.

 
 

 

Zwei der neuen Gärten entstehen dort, wo lange Zeit illegal geparkt wurde. Am zentral gelegenen Neustädter Platz schafft das Projekt „Exit“ einen Ort, an dem statt Autos nun stadtmüde Menschen einen Platz zum Ausruhen finden. Geschützt von einer breiten Wand aus Topinambur und Mais kann man sich hier auf einem Holzdeck entspannen. In Reaktion auf ein Wandgemälde, dass eine exotische Landschaft zeigt, entsteht an anderer Stelle der „Tigergarten“ mit einer savannenähnlichen Bepflanzung.

 

 
 

 

 

Im Rahmen von Austauschprogrammen kommen viele Studierende für ein oder zwei Semester aus dem Ausland nach Cottbus. Einige unter ihnen wirken ebenfalls an dem Projekt mit. Sie schaffen gemeinsam mit Freunden einen internationalen Garten. Der Name „Unity in Plurality“ drückt aus, worauf es den Verfassern ankommt: individuelle Eigenarten akzeptieren, aber dennoch gemeinsam etwas schaffen. So wird in diesem Garten ein buntes Farbenspiel aus unterschiedlichen Pflanzen entstehen, eingebunden in eine einheitliche Grundstruktur aus quadratischen Hochbeeten.

 
 

 

Die Projekte „Radikal gute Laune“, ein Sonnenblumenfeld aus verschiedenen Sonnenblumensorten, und der „Gemeinschaftsgarten Elisabeth-Wolf-Strasse“, Hochbeete in einem Topinamburlabyrinth, sind von Beginn an als partizipative Projekte mit einer möglichst breiten Beteiligung Externer in der Umsetzung konzipiert. Der Verein Jugendhilfe e.V., Kleingärtner, Bürgervereine und auch Nachbarn halfen und helfen mit großem Engagement bei der Geländevorbereitung und auch beim Pflanzen.

 

 
 

 

 

UMSETZUNG
Seit 8.April sind die Studierenden dabei, ihre Ideen vor Ort in Eigenregie umzusetzen. Die Mittel für die Umsetzung der Gärten wurden von allen Projektbeteiligten größtenteils über Sponsoren beschafft, ein Teil wird über Fördergelder finanziert und auch die Stadt Cottbus stellt Sachmittel zur Verfügung. So ist dieses Projekt auch ein weiterer Schritt hin zu einer engeren Kooperation zwischen Stadt und Universität.

 

 

VERNISSAGE UND TAGUNG

Eröffnet wurden die Gärten am 27.Juni um 17 Uhr. Im Anschluss daran gab es in jedem Garten eine kleine Aktion. Vor der Eröffnung der Gärten fand ein Fachsymposium statt, das zum Austausch über Konzepte und Praxis von Zwischennutzungsprojekten aber auch zur Reflexion anregte. Thematisiert wurden auch das neue Interesse am Garten im Zusammenhang mit der Entwicklung und Veränderung des urbanen Raums.

10 kleine Gärten für den Sommer 2008 in Cottbus – wir hoffen auch, dass sich dadurch die BTU, die Studierenden und die Stadtbürger näher kommen und vielleicht in Zukunft noch mehr gemeinsame Projekte dieser Art daraus entstehen.

14.Mai 2008, Dipl.Ing. C.Schwarz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Landschaftsplanung der BTU Cottbus

 

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